Lutz Koch: Hagen-Vorhalle: Eine Fossil-Fundstelle von Weltrang

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Der Vorhaller Steinbruch (Grube der ehem. Vorhaller Klinkerwerke) gilt weltweit als eine der reichhaltigsten Fundstellen für Floren und Faunen aus dem tiefen Oberkarbon. Zu einer Lokalität von international bedeutendem Rang wurde sie durch die Entdeckung fossiler Spinnentiere und Insekten in einer zum Teil so vollständigen Erhaltung, wie bisher aus diesem Zeitabschnitt nicht bekannt war. Dies führte seit 1982 zu vielbeachteten wissenschaftlichen Ergebnissen und zahlreichen Publikationen.

Nachdem die Vorhaller Klinkerwerke die Ziegelproduktion im Jahre 1989 eingestellt hatten, wurde das Gelände völlig umgestaltet, um die Aufnahmekapazität zur Ablagerung von Bauschutt zu erhöhen. Dabei wurden die fossilführenden Schichten zunächst verschüttet, später aber wieder aufgeschlossen. Zwischen 1990 und 1997 führte das Westfälische Museum für Naturkunde Münster eine Grabung durch. Die Präparation der insgesamt 16.000 geborgenen Fossilien dauert derzeit noch an; die wissenschaftliche Bearbeitung einzelner Fossilgruppen konnte inzwischen abgeschlossen werden. 



Die Nordost-Wand des Vorhaller Steinbruchs (Zustand: März 2009)
wurde 1984 als Paläontologisches Bodendenkmal unter Schutz gestellt.

Die in der Grube anstehenden Tonsteinsschichten kamen während der Oberkarbon-Zeit (Namur B, vor 318 Millionen Jahren) in der Meeresbucht eines Flussdeltabereiches zur Ablagerung. Bei den mächtigeren Sandsteinen handelt es sich um kleinere Flussrinnen. Ein küstennaher Ablagerungsraum kann auch aufgrund der engen Vergesellschaftung von Faunenelementen aus verschiedenen Lebensbereichen angenommen werden. Vom Festland wurden Landpflanzen (farnblättrige Pflanzen, Schachtelhalme, Siegel-, Schuppen- und Cordaitenbäume), Insekten (Libellen, Urnetzflügler, Urschnabelkerfe), Arachniden (u.a. Geißelskorpione) und Tausendfüßer eingeschwemmt oder eingeweht. Süßwaserfische (Stachelhaie, Strahlenflosser, Quastenflosser) konnten in der Bucht leben, da eine Überschichtung von Süßwasser auf Salzwasser stattfand. Marine Lebewesen der Bucht waren Goniatiten, Muscheln, Brachiopoden und Krebse. 

Aufgrund der außerordentlich guten Erhaltung der Fossilien wird das Vorhaller Tonsteinvorkommen auch als Konservat-Lagerstätte bezeichnet und führt seit Mai 2006 die offizielle Bezeichnung "Nationaler Geotop".



Goniatit

Bilinguites superbilinguis

(Wright 1927)
Mariner Kopffüßer und Leitfossil der Schichtfolge.
Sammlung L. Koch


Schachtelhalmpflanze
Asterophyllites hagenensis
Fiebig & Leggewie 1974
Sammlung  L. Koch-


Farnsamer
Eusphenopteris sauveurii
(Crépin) van Amerom
Sammlung L. Koch


Geißelskorpion
Parageralinura naufraga
(Brauckmann & Koch 1983)
Westf. Museum für Naturkunde Münster
- Sammlung Koch -


Urschnabelkerf
Heterologopsis ruhrensis
Brauckmann & Koch 1982.
Westf. Museum für Naturkunde Münster
- Sammlung Hoffmann -


Einhornhai 
Hagenoselache sippeli Hampe & Heidtke 1997 (Länge: 154 cm) 
in der Bucht von Hagen-Vorhalle vor 319 Millionen Jahren. 
Abbildung: Sippel / Thomas

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© Text und Fotos (soweit nicht anders angegeben): Lutz Koch  
(letzte Aktualisierung: 27.04.2015)